Der wilde Osten Sardiniens

...für Outdoorfans, Individualisten und aktive Familien

Lesen! - vor dem Urlaub, im Urlaub, nach dem Urlaub

 

Ein Buch ist für mich DAS Medium, um mich mit neuen, noch unbekannten Themen und Orten zu verbinden, mich ihnen anzunähern. Lesestoff zum Thema Sardinien gibt es glücklicherweise genug. Mich wundert das natürlich überhaupt nicht. Schließlich ist die Insel selbst voller Geschichten. Sie wollen nur alle eingefangen und aufgeschrieben werden.

Hier sammle ich für dich meine Lieblingsbücher über Sardinien.

Viel Spaß beim Schmökern!



Zum Einstieg:

Sardinien – eine literarische Einladung

herausgegeben von Michaela De Giorgio und Otto Kallscheuer, Wagenbach (2021)
ISBN 9783803112774

Ein Leckerbissen für Literaturfans mit Text-Häppchen bedeutender sardischer Autoren von den Klassikern des 20. Jahrhunderts über zeitgenössische Autoren bis hin zur jungen sardischen Schriftstellergeneration. Super Überblick, interessanter Einblick und Lesespaß, der Lust macht auf mehr.



Absolutes Muss:

Elf Wege über eine Insel – Sardische Notizen

Michela Murgia, Wagenbach (2020)
ISBN 9783803112835

Wer wissen möchte, wie Sardinien wirklich tickt und wer ein wenig die Seele der Insel und der Sarden verstehen will, der kommt an Michela Murgias wunderbarem kleinen Reiseführer der ganz anderen Art nicht vorbei. Ein MUSS für alle, die hinter die Fassade des Strand-und-Meer-Sardiniens blicken und sich in die Welt der magischen Legenden entführen lassen wollen, die an allen Ecken auf einen warten. Nach der Lektüre dieses Buches hat man zumindest das Gefühl, Sardinien etwas besser zu verstehen – auch wenn das laut Michela Murgia auf Sardinien nicht möglich ist.



Der Erfolgsroman:

Accabadora

Michela Murgia, Wagenbuch (2017), dort auch als eBook erhältlich
ISBN ISBN 978-3-8031-2768-6 

In ihrem bekanntesten und preisgekrönten Roman erzählt Michela Murgia die Geschichte der Dorfschneiderin Bonaria und ihrer Ziehtochter Maria. Letztere hatte bei der alten Frau nicht nur eine Bleibe, sondern auch ein besseres Leben gefunden. Irgendwann entdeckt das Mädchen jedoch, dass ihre Mutter nachts ein Doppelleben als „Accabadora“ führt: als Frau, die anderen Menschen zum Sterben verhilft. Michela Murgia bringt den Lesern damit gleich zwei Themen näher, die zunächst befremdlich wirken mögen, aber zutiefst in der sardischen Wirklichkeit verankert sind: Bis vor gar nicht allzu langer Zeit war es auf der Insel durchaus üblich, dass Kinder aus armen, vielköpfigen Familien in die Obhut alleinstehender Frauen oder Paare gegeben wurden, die selbst keine Kinder hatten. Ebenso pragmatisch nahm man sich in früheren Zeiten auf Sardinien des Themas Sterbehilfe an und löste es ohne großes Aufheben auf eigene Art und Weise. Wer dieses Buch noch nicht gelesen hat, dem sei es ans Herz gelegt.


Und hier noch ein kleiner Leckerbissen für alle, die ihr Italienisch aufpolieren möchten oder ein Buch grundsätzlich gerne in der Originalversion lesen:

Accabadora

Italienischer Text mit deutschen Worterklärungen. B2 (GER)
Reclam, Ditzingen (2021)
ISBN 9783150199879


Reclam hat den italienischen Text in seiner „Roten Reihe“ ungekürzt und unbearbeitet mit Worterklärungen am Fuß jeder Seite, Nachwort und Literaturhinweisen herausgegeben.
 



Und es gibt eine weitere wunderbare Ausgabe eines meiner Lieblingsbücher bei Reclam im Original:

Wunderbar:

Mal di pietre - Die Frau im Mond

Milena Agus, Reclam (2020)
Italienischer Text mit deutschen Worterklärungen. B1 (GER)

ISBN: 978-3-15-019820-9


Gedruckt und in deutscher Sprache derzeit nur als Hardcover im Atlantik Verlag (2015),
ISBN 9783455650839
oder als eBook bei Hoffmann und Campe (2013), ISBN 9783455811797 erhältlich.

Wörtlich übersetzt heißt der Buchtitel übrigens „Nierensteine“. Aber das ist viel zu unpoetisch, schwingt doch im italienischen Titel das „mal d’amore“ mit. Und um die Sehnsucht nach Liebe geht es in diesem Roman.

Als diese Geschichte 2009 als Taschenbuch heraus kam, hat es mich als Abschieds- und Neuanfangsgeschenk auf meiner Umzugsreise nach Sardinien begleitet. In der Schlange vor der Fähre in Genua begann ich zu lesen. Glücklicherweise hatte ich dann die ganze Überfahrt vor mir, um es nicht ein einziges Mal aus der Hand legen zu müssen!

Eine Enkelin erzählt rückblickend die Geschichte ihrer Großmutter, die Zeit ihres Lebens auf der Suche nach der großen Liebe war. Von ihrer Familie für verrückt erklärt – in den 1940er-Jahren gab es im sardischen Hinterland oftmals wenig Verständnis für große Gefühle – wurde sie ohne ihren Willen nach Cagliari verheiratet. Sie ließ sich nicht unterkriegen und fand einen Weg, ihre Sehnsucht nicht zu verraten und sie bis ins hohe Alter tagtäglich zu leben. Ein wunderschönes Buch, das inzwischen auch verfilmt wurde. Kleiner Wehmutstropfen dabei: Die Handlung wurde von den Regisseuren nach Frankreich verlegt…


 

Pflichtlektüre:

Padre Padrone - mein Vater, mein Herr

Gavino Ledda, red.sign Medien (2013), Deutsch, EPUB
ISBN 9783944561035

Die Sprache der Sichel

Gavino Ledda, red.sign Medien (2017), Deutsch, EPUB
ISBN 9783944561660

Bis auf eine alte Version von Padre Padrone bei dtv sind derzeit leider alle gedruckten deutschen Ausgaben bei den Verlagen vergriffen und nur antiquarisch zu bekommen.

Glücklicherweise ist hier aber ein neues e-Book-Projekt in die Bresche gesprungen und bietet beide Bände der Lebensgeschichte von Gavino Ledda als eBook an. 


Bestens geeignet fürs schmale Feriengepäck auf eReader oder tablet zu lesen:

Die beiden autobiographischen Romane von Gavino Ledda erzählen auf sehr ehrliche Art und Weise die Geschichte eines sardischen Hirtenjungen. Wie viele andere Kinder seiner Zeit musste auch er sich den Zugang zu Bildung und einem anderen Lebensweg hart erkämpfen. Und doch kehrte er nach Militärdienst und Studium auf dem Festland – wie die meisten – wieder zurück nach Sardinien. Seiner Heimat setzte er mit den beiden Büchern ein Denkmal, das nicht von allen Sarden gern gesehen und akzeptiert wird. Absolut lesenswert!



Lieblingsautor:

Flavio Soriga

Sehr schade: Sorigas Bücher sind entweder nicht ins Deutsche übersetzt (z.B. „Sardinia Blues“) oder derzeit nicht lieferbar (z.B. „Der schwarze Regen“ oder „Die Liebe in London und Anderswo“).

Dabei bringt er wie kein anderer das Lebensgefühl der jungen Sarden rüber, ihre innere Zerissenheit, ihr Hadern zwischen Weggehen und bleiben und die Liebe zu ihrer Insel und ihrer Heimat. Im Moment sind leider keine Neuauflagen und keine weiteren Übersetzungen geplant. Eine kleine Kostprobe aus „Sardinia Blues“ gibts im Wagenbach Literatur-Band (siehe oben).


Nobelpreisträgerin:

Grazia Deledda

Ihre erste Kurzgeschichte veröffentlichte sie mit 13 Jahren. Seitdem wurde Grazia Deledda, große Autorin Sardiniens, nicht müde, das harte und oftmals mühsame, von Konventionen gepräte Leben auf ihrer Insel zu beschreiben. Selbst wuchs sie in wohlhabenden Verhältnissen und in einer Art „goldenem Käfig“ auf. Über die Besuche von Verwandten und Bekannten der Eltern und deren Erzählungen war sie dem Leben draußen aber eng verbunden und nährte so ihre Phantasie für die Romanfiguren, die sie schuf. Für ihr umfangreiches Werk wurde sie 1926 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Wenigstens eines ihrer Bücher sollte man gelesen haben, will man Sardinien verstehen. Denn auch heute noch fühlt man sich in vielen Dörfern oder beim Durchqueren einsamer, ländliche geprägter Landstriche plötzlich mitten drin in einer ihrer Geschichten.

Seltsamerweise hat sich kein großes deutsches Verlagshaus ihrer Werke angenommen. Viele Bücher sind in deutscher Sprache vergriffen. Dafür gibt es seit Neuestem zahlreiche Romane in eBook-Format. Ihr wahrscheinlich bekanntestes Buch ist „Schilf im Wind“, eines der wenigen aktuell auf Deutsch und in Buch-Form vorhandenen Ausgaben.

Tipp: Besonders ans Herz legen kann ich allen Nuoro-Besuchern das kleine, wirklich toll konzipierte Museum im Geburtshaus der Dichterin. Auch hier wird man noch einmal förmlich in die damalige Zeit hinein gesogen und kann sich plötzlich noch besser vorstellen wie Deledda dort ihre Romane geschaffen hat.

 


REISEFÜHRER


Mamas Liebling:

Sardinien mit Kindern – 50 Wander- und Entdeckertouren in den Bergen und am Meer

Stefanie Holtkamp, Naturzeit Reiseverlag (2018)
Komplett überarbeitete Neuauflage

ISBN 9783944378183

Für mich persönlich die Entdeckung und inzwischen eigentlich mein Lieblingsbuch in Sachen Wanderungen und Ausflüge – nicht nur mit Kind!
Ein erfrischend anderes Konzept für einen Reise- und Wanderführer, der zum einen wirklich auf die Bedürfnisse von Eltern mit Kindern zugeschnitten ist, zum anderen aber auch für alle anderen Sardinien-Reisenden wertvolle Infos und tolle Touren-Ideen liefert. Dazu gibts viel Hintergrundwissen zum Urlaub auf der Insel, hilfreiche Tipps zum Wandern auf Sardinien allgemein und insbesondere zum Wandern mit Kindern. Ein Buch, das tatsächlich die Entdeckerlust weckt. Und ein Buch zum richtig schön Schmökern.
Zusätzliche Infos zu Buch und Buchprogramm gibt es hier. Updates zu den Touren findet man hier.

Übrigens und worüber ich mich besonders freue:
In der Neuauflage 2018 durfte auch ich einen kleinen Beitrag leisten! Schau dir mal die Touren Nr. 41, 42 und Nr. 43 an…


Der Klassiker:

Sardinien

Eberhard Fohrer, Michael Müller Verlag (2019)
ISBN 9783956546129

Mit diesem Reiseführer war ich 1989 das erste Mal hier auf Sardinien. Seitdem bin ich ihm treu geblieben und mag zum einen seine für mich sehr logische Gliederung in einzelne Gebiete, die gezeichneten Detailkarten zu jeder Region und die ziemlich umfassende Information zu Sehenswürdigkeiten, Übernachtungsmöglichkeiten und Ausgehtipps vor Ort. Wer ganz Sardinien bereist, ist mit diesem „Standardwerk“ sicherlich gut unterwegs.


Der Kompakte:

Sardinien

Timo Lutz, Marco Polo Verlag (2023),
mit Touren-App
ISBN 9783575411839

Kaum zu glauben, was in diesem handlichen, kleinen Reiseführer alles drin steckt. In Hintergrundberichten erfährt man auf den Punkt gebracht wirklich alles über sardische Geschichte und Lebensart. Ebenso gut erfassbar lesen sich die kompakt auf einer Doppelseite untergebrachten Kapitel über tolle Orte, Alternativangebote bei Regen, Ferien mit Kindern und weitere hilfreiche Tipps für jeden Geschmack. Bewährt gut: das übersichtliche Kartenmaterial in mehreren Größen und Ausschnitten sowie eine Faltkarte zum Herausnehmen. 2023 wurde der Kompakt-Guide erneut aktualisiert. Seit Jahren mein liebster Pocket-Führer!


Der Reisefreudige:

Sardinien

Peter Höh/Adele Evans, Baedeker SMART (2019)
ISBN 9783829734165

Ideal für alle, die sich einmal rund um die Insel und kreuz und quer durchs Landesinnere treiben lassen wollen. Wie in anderen Reiseführern auch gibt es eine herausnehmbare Karte und eine übersichtliche Aufteilung in Regionen, die farblich gekennzeichnet eine nach der anderen beschrieben werden. Abweichend davon und für den Gebrauch „on the road“ sehr sinnvoll finde ich aber nicht nur die wirklich sehr praktische Ringbindung, sondern auch den Kartenteil ganz hinten im Buch, der die große Straßenkarte noch einmal auf jeweils acht Doppelseiten darstellt. Das ist unterwegs und im Auto einfach besser zu handhaben. Besonders schön finde ich aber die vielen, vielen kleien, aber feinen Tipps und Vorschläge, die in jedem Kapitel und für jede Region ganz unauffällig eingestreut sind. Da erfährt man dann zum Beispiel, wo man in Oristano ein Päuschen zur Verkostung des dort typischen Vernaccia einlegen kann, wann sich ein Stopp in Nora zur „Nacht der Poeten“  im Amphitheater von Nora lohnt oder auch, dass es auf der Insel Tavolara einmal im Jahr Open-Air-Kino am Strand gibt. Einziger Wehmutstropfen: Die Ogliastra bleibt auch in diesem Baedeker-Band ziemlich außen vor…


 

WANDERFÜHRER


Der Bewährte:

Rother Wanderführer Sardinien

Walter Iwersen und Elisabeth van de Wetering, Roter Bergverlag (2020)
ISBN 9783763340231

Lange Zeit der Einzige seiner Art und deshalb weit verbreitet und hoch geschätzt bei aktiven Sardinien-Reisenden. In der aktuellen Ausgabe werden inzwischen ganze 70 Touren auf der gesamten Insel beschrieben – die meisten weiterhin im Wanderparadies in der Mitte der Ostküste zwischen Dorgali und Santa Maria Navarrese. Für alle Wanderungen stehen GPS-Daten zur Verfügung. Außerdem enthält der Führer zahlreiche hilfreiche Tipps rund ums Wandern auf Sardinien, so auch ein „Sardisch-Italienisch-Deutsche-Lexikon für Wanderer“.


Ebenfalls sehr gut:

MM-Wandern Sardinien

Sandra Lietze, Michael Müller Verlag (2015)
ISBN 9783899538250

Mit 35 Touren ist dieser Wanderführer zwar etwas weniger umfangreich als der „Rother“, umfasst aber trotzdem die wichtigsten und schönsten Touren in der Ogliastra und im restlichen Sardinien. Mir persönlich gefällt die grafische Aufmachung und die übersichtliche Gestaltung sehr gut. Viele Zusatzinfos zum Wandern allgemein, zur Tourplanung und zum Wandergebiet sowie GPS-Daten ergänzen die sorgfältig ausgewählten und beschriebenen Strecken. Einige Wanderungen überschneiden sich in diesen beiden Standardführern, so dass man sich je nach Wanderambition für einen von beiden entscheiden kann. Autorin Sandra Lietze wohnt in Urzulei und bietet gemeinsam mit ihrem Partner auch geführte Touren in der Ogliastra an: www.gorropu.com.



SPRACHFÜHRER


Zum Mitreden:

Sardisch Wort für Wort

Giovanni Masala, Reise Know How (2009)
ISBN: 978-3-89416-580-2

Noch immer sprechen sehr viele Sarden im Alltag und in der Familie Sardisch, nicht Italienisch. Obwohl es Jahrzehnte gab, in denen der Staat die Inselsprache aus den Köpfen der Leute verbannen wollte, haben die Sarden ihre eigene Sprache, die fester Bestandteil ihrer Geschichte und Identität ist, nie aufgegeben. Das echte und reine Sardisch sprechen heute zwar trotzdem vor allem noch die Älteren. Aber in vielen Familien wird es weiterhin gepflegt, so dass sich die jüngere Generation weiterhin auf Sardisch an einem Gespräch beteiligen kann oder zumindest versteht, was da gesprochen wird. In der Schule spielt Sardisch allerdings leider so gut wie keine Rolle mehr und kommt höchstens bei Festen in Liedern und Gedichten vor.

Im Vergleich zu den anderen romanischen Sprachen hat das Sardische verhältnismäßig viele phonetische und grammatikalische Elemente des Lateinischen bewahrt. Auch viele spanische Wörter sind im Sardischen wiederzufinden. Sardisch hat fast gar nichts mit Italienisch gemein und muss quasi als eigene Sprache neu gelernt werden. Also, keine falschen Vorstellungen: Bevor man in ganzen Sätzen Sardisch spricht, dauert das ein wenig. Aber natürlich freuen sich die Sarden "wie Bolle", wenn Fremde hier und da ein Wort auf Sardisch einwerfen. Denn das kommt selten genug vor.
Ajò – auf geht’s, lass dich also nicht bitten!